DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2021
- Pflegefachkräfte unter den Top-3-Berufen im Gesamtranking
- Zusätzliche Fachkenntnisse bei der Jobsuche von Vorteil
- Arbeitgeber kompromissbereit bei Arbeitszeit und Erfahrung
- Jobsuchende können mit mehr Benefits rechnen als früher
hsk-news: Kaum ein Berufsstand genießt momentan so viel öffentliche Aufmerksamkeit wie Fachkräfte in der Alten- und Krankenpflege. Gleichzeitig sind sie so gesucht wie kaum eine andere Profession: Im Ranking aller Berufe belegen sie den zweiten und dritten Platz – gleich hinter den erstplatzierten Elektronikern. Arbeitgeber im Gesundheitswesen versuchen nicht erst seit der Covid-19-Pandemie viel, um die begehrten Kandidatinnen und Kandidaten auf sich aufmerksam zu machen. Die Analyse von 372 Stellenangeboten zeigt: Jobsuchende benötigen nicht nur ein solides Fachwissen, sondern auch eine ausgeglichene Persönlichkeit für ihre anspruchsvolle Aufgabe. Arbeitgeber locken im Gegenzug mit mehr Zusatzleistungen als in der Vergangenheit.
Wie schon 2016 und 2011 widmet sich ein Schwerpunkt des aktuellen DEKRA Arbeitsmarkt-Reports den Pflegeberufen. Im Fokus der Analyse standen die Aufgaben, die Jobsuchende am neuen Arbeitsplatz erwarten, welche Kompetenzen sie hierfür benötigen und welche Rahmenbedingungen Arbeitgeber den begehrten Fachkräften bieten.
Breites Betätigungsfeld
Es gibt viele Bereiche, in denen Pflegefachkräfte ihr Wissen und ihre Tatkraft einbringen können. Gut vier von zehn der untersuchten Positionen hat ein ambulanter bzw. mobiler Pflegedienst ausgeschrieben (41,1 %). Zum Vergleich: Vor vier Jahren war dies nur bei etwa jeder vierten Stelle der Fall. Neben Kliniken und Altenheimen (17,7 % bzw. 12,9 %) werden diverse weitere Einsatzorte genannt: von betreuten Wohneinrichtungen über Spezial- und Rehakliniken bis hin zu Laborbetrieben oder Hospizen.
Mehr Spezialisierung und Technologie
In den Jobbeschreibungen erwähnen Arbeitgeber erwartungsgemäß am häufigsten die eigentliche Pflege als Aufgabe der zukünftigen Mitarbeitenden. Die Pflegedokumentation hat im Berufsalltag stark an Bedeutung gewonnen: Pflegefachkräfte erfassen darin alle wichtigen Informationen zu Patienten, zum Beispiel welche Maßnahmen sie ergriffen haben oder wie der Genesungsprozess verläuft. Die Dokumentation stellt sicher, dass alle im Behandlungs- und Pflegeteam auf einem Stand sind. Vor zehn Jahren waren Dokumentationsaufgaben in nicht einmal jeder zehnten Stellenbeschreibung zu finden (9,6 %).
Pflegeeinrichtungen setzen viele medizinisch-technische Geräte ein, um den Gesundheitszustand der betreuten Personen zu überwachen. Von deren korrekter Bedienung und der Interpretation von Alarmen hängen insbesondere in der Intensivmedizin Leben ab. Die Anforderung, dass die gesuchten Mitarbeitenden die Geräte bedienen und einrichten können, wurde vor zehn Jahren in gerade einmal acht Offerten angesprochen (2016: 11,7 %) – mittlerweile liegen wir bei 29,6 %.
Zusätzliche Fachkenntnisse ideal
Arbeitgeber erwarten von Interessierten in der Regel eine Ausbildung (96,2 %). Positionen für akademisch ausgebildete Pflegekräfte kommen in der Stichprobe hingegen eher selten vor: Für gerade einmal 17 Stellen wird ein Pflegestudium benötigt. Pflegehelferinnen und Pflegehelfer sind mit einer 200-Stunden-Basisqualifizierung gut für die Jobsuche aufgestellt.
Die Pflege wird immer anspruchsvoller, unter anderem weil immer mehr Menschen in den Einrichtungen unter Mehrfacherkrankungen oder Demenz leiden. Bewerbende mit Zusatzqualifikationen sind deshalb willkommen. Am häufigsten wünschen Arbeitgeber die Weiterbildung zur „Fachpflegekraft Intensivpflege und Anästhesie“ (11,8 %). Mitarbeitende mit diesem Weiterbildungsberuf übernehmen anspruchsvolle Aufgaben im OP-Umfeld und in der intensivmedizinischen Grund- und Behandlungspflege. Außerdem sind Zertifikate im Bereich Hygiene oder Qualitätsmanagement immer wieder von Vorteil für eine Bewerbung.
Langjährige Berufserfahrung ist in den Offerten meist keine explizite Voraussetzung mehr, während sich vor fünf Jahren bei 43,7 % der Positionen nur erfahrene Pflegekräfte bewerben konnten. Mittlerweile freut man sich offensichtlich über fast jede Bewerbung und ist bereit, neue Mitarbeitende mit weniger Erfahrung entsprechend einzuarbeiten.
Fit für den Umgang mit Menschen
Recruiting-Abteilungen im Gesundheitswesen legen sehr großen Wert auf Soft Skills und beschreiben in den meisten Jobangeboten, wodurch sich geeignete Pflegekräfte konkret auszeichnen (89,0 %). Passende Kandidatinnen und Kandidaten sind demnach teamfähig, empathisch, verlässlich und arbeiten selbstständig. Gegenüber 2016 ist der Anteil dieser Eigenschaften in Stellenanzeigen nochmal signifikant gestiegen, obwohl man sie in der Pflege per se erwarten würde. Fähigkeiten wie Motivation und Lernbereitschaft, die zuletzt auf den vordersten Plätzen lagen, befinden sich hingegen wieder fast auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Eventuell beschreiben Arbeitgeber nun konkreter, was Motivation für sie bedeutet. Wenn Pflegekräfte gut, empathisch und verlässlich im Team arbeiten, so ist das nur möglich, wenn sie auch motiviert sind. Insbesondere der Stellenwert von Einfühlungsvermögen / Empathie hat im Zehnjahresvergleich besonders stark zugenommen (40,1 % zu 15,3 %).
Kompromissbereit bei Arbeitszeit
Arbeitgebern wäre es am liebsten, wenn die gesuchten Pflegekräfte in Vollzeit arbeiteten und schreiben die meisten Positionen auch als Vollzeitstellen aus (84,7 %). Soweit der Wunsch. Allerdings ist in der Pflege Teilzeitarbeit weit verbreitet und viele Einrichtungen sind offen, wenn Bewerbende keine volle Stelle antreten möchten (62,6 %). Vor fünf Jahren waren sie noch nicht so kompromissbereit, seinerzeit gab es die Option auf Teilzeit bei noch nicht ganz jeder zweiten Position (48,0 %, 2011: 40,4 %). Auch bei der Personaleinsatzplanung bemühen sich Arbeitgeber, individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen: In fast jedem dritten Fall ermöglichen ein Wunschdienstplan oder flexible Arbeitszeiten, dass Beschäftigte Arbeit und Privatleben besser in Einklang bringen können (2016: 24,6 %).
Arbeitgeber legen eine Schippe drauf
Fast alle Recruiting-Abteilungen gehen darauf ein, welche Leistungen sie den gesuchten Pflegekräften bieten. Während die Angaben zur Bezahlung eher unspezifisch sind, wird es bei den Zusatzleistungen konkreter. Die häufigsten Benefits reichen von Altersvorsorge (43,5 %) über Mitarbeiter-Anwerbe-Prämien und arbeitgeberfinanzierte Weiterbildung (je 25,3 %) bis hin zu Prämien (17,7 %) und Kinderbetreuung (14,8 %).
„Die Analyse zeigt, dass sich Arbeitgeber im Gesundheitswesen kräftig ins Zeug legen, um Pflegefachkräfte für sich zu gewinnen“, sagt Katrin Haupt, Geschäftsführerin der DEKRA Akademie. „Angesichts der Engpässe bleibt zu hoffen, dass von der derzeit großen öffentlichen Aufmerksamkeit und Anerkennung auch längerfristig etwas übrig bleibt und zwar in Form von Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, dass sich mehr junge Menschen für den Beruf entscheiden und erfahrene Fachkräfte dabeibleiben.“
Inhalte des DEKRA Arbeitsmarkt-Reports 2021:
Im Kernerhebungszeitraum vom 22. bis 28. Februar wurden Stellenanzeigen in zwei Online-Jobbörsen sowie elf deutschen Tageszeitungen ausgewertet. Der Report beinhaltet
- einen Überblick über die Entwicklung der Berufe und Tätigkeitsfelder
- eine vertiefende Analyse der Tätigkeit von Zustellkräften in der KEP-Branche
- eine vertiefende Analyse der Tätigkeit von Pflegefachkräften
- einen Exkurs zum Thema „Digitales Lernen in der betrieblichen Weiterbildung“
- Expertenkommentare
Fotocredits: DEKRA e.V.
Quelle: DEKRA e.V.