Das Experiment „Einen Schritt nach vorne“ – Bundestagswahl 2021

Das Jahr 2021 steht ganz im Zeichen einer richtungsweisenden Bundestagswahl am 26. September. Dabei ist die Wahl stark geprägt durch die pandemische Situation und die vielen Monate in der Krise. Diese Zeit lässt einiges anders sein, als bei vielen Wahlen vorher.

 

Neben der Bekämpfung der Corona-Pandemie, der Sicherstellung der Versorgung der Menschen, dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Herausforderung geriet zunehmend auch die Frage nach der Solidarität oder Spaltung in unserer Gesellschaft in den Mittelpunkt.

 

Zahlreiche Demonstrationen für und gegen die Corona-Maßnahmen, Verbreitung von Verschwörungsideologien, beschämende Bilder am Reichstag in Berlin, polarisierende politische Diskussionen u.v.m.  haben die Bürger*innen aufgewühlt, zu vielen Auseinandersetzungen aber auch Sorgen geführt und unsere Gesellschaft über Monate hinweg auch medial geprägt. Diese Krise hat viele Verantwortliche und die politisch Handelnden in den letzten Monaten stark herausgefordert.

 

Der Caritasverband Arnsberg-Sundern e.V. setzt sich seit vielen Jahren bei jeder Wahl aktiv ein. Dabei bringt er Menschen über ein soziales und gerechtes Deutschland ins Gespräch und wirbt für Solidarität miteinander. Mit seinen Aktionen im Vorfeld der Wahl will er sich für Verständnis, Demokratie und soziale Gerechtigkeit engagieren und den politisch Verantwortlichen „auf den Zahn fühlen“.

 

„In diesem Jahr ist der Caritasverband Arnsberg-Sundern mit einem politischen Rollenspiel zum Thema Diskriminierung und Ausgrenzung neue Wege gegangen, abseits von Podiumsdiskussionen und Interviews oder sonstigen üblichen Wahlveranstaltungen. Wir haben die Kandidat*innen der im Bundestag vertretenen Parteien zu einem mutigen persönlichen „Experiment“ rund um das Thema Ausgrenzung, soziale Ungerechtigkeiten, Diskriminierung und gesellschaftliche Verantwortung eingeladen – Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie wie ein Brennglas noch deutlicher geworden sind“, erklärt Christian Stockmann, sozialfachlicher Vorstand des Caritasverbandes die Idee der Wahlveranstaltung.

 

Eingeladen zu der Veranstaltung am 30. August in Arnsberg-Wennigloh waren alle HSK-Kandidat*innen der im Bundestag vertretenen Parteien (außer die AfD). Ohne im Vorfeld zu wissen, was auf sie zukommt, erklärten sich Maria Tillmann (Die Grünen), MdB Dirk Wiese (SPD), MdB Carlo Cronenberg (FDP) und Karl-Ludwig Gössling (Die Linke) bereit, mit dem lokalen Caritasverband „bewegt ins Gespräch“ zu kommen. Friedrich Merz (CDU) konnte aufgrund anderer Verpflichtungen leider nicht an der Veranstaltung teilnehmen.

 

 

 

 

 

 

 

Als ausgebildete Interkulturelle Trainerin führte Alexandra Nitschke vom heimischen Caritasverband durch die Aktion, die natürlich unter strenger Beachtung der 3 G Corona-Regeln durchgeführt wurde.

 

Die am Experiment teilnehmenden Politiker*innen und einige Mitarbeiter*innen des Caritasverbandes bekamen zunächst durch Zufallsauswahl bestimmte Rollen zugeteilt. Die gezogene Rolle musste dann im Rollenspiel reflektiert werden. Das heißt die 11 Teilnehmer*innen agierten so, als wären sie die betreffende Person.  Die Rollen gingen dabei von einer alleinerziehenden Mutter mit Migrationshintergrund und Kind mit besonderem Förderbedarf über eine 40-jährige vollbeschäftigte Krankenschwester bis zum 16-jährigen Jugendlichen mit dunkler Hautfarbe und andere Lebensbiographien, um nur einen Ausschnitt aus der Vielfalt unserer Gesellschaft widerzuspiegeln. Welche Rolle die einzelnen Teilnehmer spielten wurde zunächst nicht bekannt gemacht.

 

Anschließend stellten sich die Teilnehmer*innen in einer Linie auf und die Moderatorin des Experiments, Alexandra Nitschke stellte Alltagsfragen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Themenfeldern, wie Bewerbungssituationen, Wohnungssuche, Ausbildung und Arbeit etc. Konnten die Teilnehmer*innen diese mit „ja“ beantworten, ging es einen Schritt vorwärts, bei „nein“ musste die Person am Platz stehen bleiben.

 

Viele der Teilnehmer*innen wären in Ihrer „eigenen Rolle“ am Ende der Fragen weit vorne gelandet. Durch die Brille der zugeschriebenen Rolle betrachtet, bekamen viele Fragen jedoch eine ganz neue Dimension.

 

Obwohl alle auf gleicher Höhe gestartet waren, stellte sich das Feld der Teilnehmer*innen nach der letzten Frage sehr differenziert auf. Während einige nun ganz weit vorne standen, hatten andere nur ein oder zwei Schritte machen können.

 

Aus dieser nachdenklich stimmenden Aktion entwickelte sich eine angeregte Diskussion unter den Teilnehmern:  Welche Rolle spielen persönliche Eigenschaften wie Motivation und Optimismus, wo stößt man an gläserne Decken, wo werden Zugänge institutionell und gesellschaftlich erschwert? Abschließend haben Maria Tillmann, Dirk Wiese, Carlo Cronenberg und Karl-Ludwig Gössling noch ihr ganz persönliches Resümee, auch aus Sicht ihrer politischen Arbeit, gezogen. Deutlich wurde allen wie unterschiedlich die Voraussetzungen in unserer Gesellschaft für die Menschen sind und dass auch gesellschaftliche Bedingungen dabei förderlich oder hinderlich sein können.

 

„Die langjährige Beratungserfahrung der Verbandsmitarbeiter*innen hat wirklich ein tolles und interessantes Spannungsfeld mit den Ansätzen der Politiker*innen gebildet“, fasst die Interkulturelle Trainerin Alexandra Nitschke zusammen. „Der Perspektivwechsel und die Diskussion untereinander sind gelungen, und vielleicht hat sich dadurch ja auch der ein oder andere Horizont erweitert und wird in der politischen Arbeit Nachklang finden“.

 

Ein kurzes Video des politischen Rollenspiels zu Diskriminierung und Ausgrenzung „Einen Schritt nach vorne“ finden Interessierte in Kürze auf www.caritas-arnsberg.de/bundestagswahl-2021

 

Quelle: Caritasverband Arnsberg-Sundern e.V.

 

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