Nach der erfolgreichen Ausstellung über den Künstler August Macke vor zwei Jahren widmet sich das Sauerland-Museum nun erneut einer Kunstausstellung. Dieses Mal rücken die vielfältigen Facetten des Expressionismus im Rheinland und in Westfalen in den Mittelpunkt und damit der Westen als ein wichtiges künstlerisches Zentrum neben Berlin und München.
„Im Westen viel Neues“ konzentriert sich auf die unterschiedlichen Ausprägungen der modernen Bewegung zwischen etwa 1908 und 1928 in dieser Region. Eine Vielzahl von Künstlerinnen und Künstlern, die aus Rheinland und Westfalen stammen, gehörte um den Ersten Weltkrieg herum zu den ersten beiden Generationen des Expressionismus als neuer Strömung in der Kunst. Sie kamen aus der Gegend oder wurden durch die lebendige Kunstszene in den Westen gelockt.
Wie bereits bei der letzten Kunstausstellung erfolgreich umgesetzt, haben es sich die Ausstellungsmacher um die Kuratorin Dr. Ina Ewers-Schultz zur Aufgabe gemacht, ein breites Publikum anzusprechen. Den Besuchern wird anschaulich vermittelt, was eigentlich das Revolutionäre an der expressionistischen Bewegung ist. Sie umfasst alle Lebensbereiche, Kunst und Leben durchdringen sich. So malten die Künstler nicht nur ihre Visionen auf Leinwände oder Papier, realisierten sie nicht nur im Backstein der Häuser und Kirchen, sondern ebenso in kunsthandwerklichen Objekten, in den neuen Gestaltungen auf der Bühne oder in den wagemutigen Wortkaskaden ihrer Lyrik. Kunst fand nicht mehr nur als einsamer kreativer Schöpfungsakt im Atelier statt und präsentierte sich im Ausstellungsraum. Sie sollte vielmehr zum integralen Bestandteil der Gesellschaft werden. Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Druckgrafiken sind dabei ebenso Teil der Schau wie Alltagsobjekte, Möbel, Architektur, Lyrik sowie Bühnenbilder für die neuen und alten Spielstätten.
Normen und Traditionen werden überall in Frage gestellt. Dabei lässt der neue inhaltliche und stilistische Umgang mit den unterschiedlichsten Themenfeldern das Neue des expressionistischen Ansatzes deutlich werden und spiegelt die Vielfalt innherhalb der Bewegung wider. Sind die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg geprägt durch den Kampf um die Durchsetzung der Moderne gegen heftige Widerstände, so setzt sich der Expressionismus nach dem Krieg auf breiter Basis durch. Eine neue Generation von Kunstschaffenden empfindet Formzertrümmerungen und leuchtende Farben als passende Ausdrucksmittel für die existentiellen Erfahrungen und Wirren der Zeit. Künstlerinnen und Künstler spiegeln nun in ihrer Kunst die Sehnsucht nach einer gerechten Gesellschaft im Hier und Jetzt.
Die Ausstellung vereint etwa 160 Exponate bekannter und unbekannter Persönlichkeiten mit ganz unterschiedlichen Biografien. Darunter befinden sich Wiederentdeckungen wie Amely Dannemann oder Marianne Ahlfeld-Heymann. Künstler wie Fifi Kreutzer, Trude Brück, Curt Lahs, Aloys Röhr oder Will Lammert stehen neben Heinrich Campendonk, Wilhelm Morgner, Hermann Stenner, August Macke oder Peter August Böckstiegel. Die Bekanntheit eines Künstlers beruht neben der Qualität seines Werkes auch auf der Geschichte seines Schaffens, das gerade in den Jahren des frühen 20. Jahrhunderts turbulenten Zeitereignissen und politischen Wechseln ausgeliefert war. So hat beispielsweise eine großformatige Gouache von Fifi Kreutzer viele Jahrzehnte aufgerollt in der Schublade gelegen und wurde nun bei den Vorbereitungen zur Ausstellung wiederentdeckt. Frisch restauriert und gerahmt wird der Entwurf zu einer Flügeldecke nun erstmals in der Ausstellung gezeigt.
Ausstellung und Katalog machen es sich daher zur Aufgabe, den vielfältigen Facetten der expressionistischen Bewegung im Westen nachzuspüren. So richtet sich der Blick auch auf Entstehungsbedingungen und Netzwerke. Besucherinnen und Besucher werden mitgenommen auf eine Reise in eine lebendige Region im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts.
Neben regelmäßigen öffentlichen Führungen bietet das Museum ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops sowie Vermittlungsangeboten für Kinder und Schulklassen.
Damit wird der Ausstellungsbesuch allein oder in der Gruppe zu einem echten Erlebnis – drei Themenrouten führen unterschiedliche Zielgruppen vertiefend zu ausgewählten Kunstwerken, um so einen besonders intensiven Blick auf diese zu erlauben und zur Interaktion mit der Kunst anzuregen.
Bild: Walter Ophey | Turm in Brilon, um 1922 | Öl auf Leinwand, 77,7 x 64,5 cm |
Fotocredits: Kunsthaus Lempertz, Sascha Fuis Photographie, Köln
Quelle: Pressestelle Hochsauerlandkreis