Herber Rückschlag für die Evangelische Kirchengemeinde Brilon: Es wird keine Bundesmittel für den Abriss des schadhaften Kirchturmes und die damit verbundene Renovierung sowie Neuausrichtung der Stadtkirche geben. „Das war ein Schock für uns“, zeigt sich Pfarrer Rainer Müller von der negativen Nachricht aus Berlin betroffen und ergänzt: „Die obere Denkmalbehörde hat unsere Kirche völlig unerwartet die bundesweite Bedeutung als Denkmal nicht zuerkannt.“
Die Ablehnung kam umso überraschender, als die Schwesterkirche in Marsberg im letzten Jahr noch mit Bundesmitteln gefördert worden war. Pfarrer Müller: „Da muss sich wohl etwas in der personellen Besetzung und den Beurteilungskriterien der Oberen Denkmalbehörde geändert haben.“ Auch Bundestagsabgeordneter Dirk Wiese (SPD) hatte sich bis zuletzt für die Maßnahme eingesetzt – ebenso ergebnislos.
Auf eine Fördersumme zwischen 260.000 bis 300.000 Euro hatte man in Brilon gehofft. Da dieser Geldsegen nun ausbleibt, muss umgeplant werden. Schließlich sind bereits für den 1. Bauabschnitt, der den Abriss und den Bau eines neuen (deutlich kleineren) Turmes umfasst, 1,1 Millionen Euro einkalkuliert. Insgesamt sind für die komplette Maßnahme, zu der auch eine Innenrenovierung sowie ein vielfältig nutzbarer Anbau gehören, knapp 2,3 Millionen Euro vorgesehen. Wobei in dieser Schätzung die aktuell galoppierende Steigerung bei Bau- und Materialkosten allenfalls im Ansatz eingepreist ist.
Für die Gemeinde, die ohnehin schon einen erheblichen Eigenanteil aufbringen möchte (Müller: „Über eine Million Euro“), wird das ein enormer Kraftakt; eine wahre Herkulesaufgabe. Aufgeben will man die ehrgeizigen Pläne trotz des nicht eingeplanten Rückschlags dennoch nicht, zumal der Kirchturm so marode ist, dass er bereits seit einiger Zeit gesichert ist, damit durch eventuellen Steinschlag keine akute Gefährdung ausgeht.
Deshalb hofft man jetzt auf Fördergelder aus der Landeskasse. Einen entsprechenden Antrag hat Marc Braukmann, Architekt des Kreiskirchenamtes in Soest, bereits auf den Weg gebracht. „Die entstandene Finanzierungslücke“, so Müller, „müssen wir jetzt verstärkt aus Spenden und Sponsorengelder bzw. durch Anfragen bei Stiftungen schließen. Aber das ist durch den negativen Bescheid aus Berlin natürlich nicht einfacher geworden.“
Ohnehin zeigt sich die Kirchengemeinde bisher bei der Suche nach Sponsoren und Unterstützern äußerst erfinderisch. Unter Federführung von Peter Koll hat ein Kommunikationsausschuss um Javier Anguita, Gernot Hattig, Benedikt Meckel, Peter Wagner sowie Pfarrerin Kathrin Koppe-Bäumer und Pfarrer Rainer Müller ein professionelles Kommunikationskonzept erarbeitet. „Wir bauen eine neue Kirche“, heißt es in dem 50seitigen Din-A-4 großen Buch, in dem die Strategie der Finanzierung für die Stadtkirche detailliert erklärt wird.
Außerdem wird der fahrbare Kirchenkiosk des Kirchenkreises eingesetzt, um auf die Maßnahme aufmerksam zu machen und mit den Menschen auch außerhalb des Kirchturm-Schattens ins Gespräch zu kommen. Peter Knoll: „Die Kirche kommt mit dem Kiosk zu den Menschen.“ Damit will man vor allem die Interessierten in den drei Dörfern erreichen. Müller: „Das ist gewissermaßen eine Doppelstrategie, die wir fahren, um möglichst viele in Stadt und Land zu erreichen und für das Projekt zu begeistern.“
Wann es nun konkret mit Abriss und Renovierung losgeht, wird in erster Linie von der Zusage der Landesmittel, die noch in diesem Jahr erwartet wird, abhängen. Die Pläne des renommierten Architekturbüros Bollinger für die Innenraumgestaltung liegen bereits fertig in der Schublade. Müller: „Wenn es nach uns ginge, könnte es morgen losgehen.“
Bild: Pfarrer Rainer Müller mit dem Kommunikationskonzept. Auf 50 Seiten wird darin unter dem Titel „Wir bauen eine neue Kirche“ vorgestellt, wie die Stadtkirche renoviert werden soll.
Fotocredits: Hans-Albert Limbrock
Quelle: Hans-Albert Limbrock