„Gorch Fock“ unter neuem Kommando

Die „Gorch Fock“ ist das Segelschulschiff der Marine. Sie dient dem Training der Offizieranwärterinnen und -anwärter der Seestreitkräfte.

 

Am Donnerstag, den 31. März 2022 um 13.30 Uhr, wechselt das Kommando über das Segelschulschiff „Gorch Fock“ im Marinestützpunkt Kiel. Der Kommandeur der Marineschule Mürwik, Flottillenadmiral Jens Nemeyer (58), übergibt die Verantwortung von Kapitän zur See Nils Brandt (55) an Kapitän zur See Andreas-Peter Graf von Kielmansegg (54).

 

Am 28. Juni 2014 übernahm Brandt das Kommando über Deutschlands „Botschafterin in Weiß“. Eineinhalb Jahre später folgten schwere Fahrwasser für Schiff und Besatzung. Der immer wieder verlängerte Werftaufenthalt entwickelte sich zur größten Herausforderung für den Kommandanten und seine Crew. Sein neuer Kurs: Die „Gorch Fock“ wieder seeklar machen! Und das hat Brandt hervorragend gemeistert. Sein persönliches Engagement, seine Leidenschaft für die „Gorch Fock“ und die absolute Überzeugung zur Notwendigkeit dieses Schulschiffes hielten ihn und seine Besatzung stets auf Kurs.

 

Nach genau 2.834 Tagen übergibt der gebürtige Bremerhavener nun seinen Staffelstab an seinen Nachfolger. „Nach fast acht Jahren gehe ich natürlich schweren Herzens, die Zeit war deutlich länger als geplant. Auf der anderen Seite gab es Phasen, in denen ich mich häufiger gefragt habe, warum ich das noch machen soll. Letztendlich hat meine Besatzung mich immer wieder motiviert und meine Familie, besonders meine Frau, hat mich großartig unterstützt.“ Brandt tauscht damit, nach 25.000 Seemeilen auf der „Gorch Fock“, seine Kommandantenkammer gegen ein Büro als Leiter Lehre und stellvertretender Kommandeur an der Marineschule Mürwik. „Was ich am meisten vermissen werde, ist das Besatzungsgefühl, so eng, so intensiv, so offen und ehrlich miteinander zu arbeiten und zu leben“, so Kapitän zur See Brandt.

 

Für den neuen Kommandanten, Kapitän zur See Andreas-Peter Graf von Kielmansegg, ist es genau umgekehrt. Als Gruppenleiter Einsatzausbildung und Auswertung im Marinekommando tauscht er nun seinen Schreibtisch gegen die Seefahrt ein. Trotzdem sind die Planken des Segelschulschiffes für ihn vertrautes Terrain. Bereits 1996 und 2004 diente er als Divisionsoffizier und Erster Offizier auf der „Gorch Fock“. Darüber hinaus war er von 2010 bis 2012 Kommandant der Fregatte „Bayern“. Graf von Kielmansegg freut sich auf das, was ihn erwartet: „Es ist eine besondere Aufgabe, und ein Segelschulschiff ist auch ein besonderer Arbeitsplatz. Diese Aufgabe ist aber auch eine große Herausforderung, an die ich mit entsprechend großem Respekt herangehe. Allerdings liegt gerade auch darin der Reiz dieser Aufgabe.“

 

Hintergrundinformation

 

Die „Gorch Fock“ ist das Segelschulschiff der Marine. Sie dient dem Training der Offizieranwärterinnen und -anwärter der Seestreitkräfte. Die Kadetten erfahren während ihrer seemännischen Grundausbildung an Bord zweierlei: Erstens, was Teamwork in der Praxis bedeutet. Das Schiff lässt sich nur in Zusammenarbeit als Gruppe beherrschen, denn vieles an Bord funktioniert ausschließlich mit Muskelkraft. Vier Rudergänger etwa sind nötig, um die „Gorch Fock“ auf Kurs zu halten, und Dutzende Kadetten müssen an den sogenannten Brassen arbeiten, um die schweren Rahen zu bewegen.

 

Zweitens lernen die Offizierschüler die Elemente kennen, die für ihr künftiges Berufsleben natürliche Umgebung sein werden und in der sie Verantwortung für Schiffe und Besatzungen tragen müssen. Wind, Wellen, Gezeiten wirken sich auf moderne Schiffe genauso aus wie auf Segler. Aber nur auf einem Segelschiff erfahren die Kadetten so hautnah, welche elementaren Kräfte auf See wirken.

 

Die „Gorch Fock“ ist eine sogenannte Bark. Das heißt, die beiden vorderen Masten sind rah-, der achtere gaffelgetakelt. Masten und Rumpf sind aus Stahl gebaut. Über 400 Tonnen Ballast tief im Rumpf geben dem Schiff hohe Stabilität. Die 23 Segel, mit rund 1.800 Quadratmetern Fläche, und das Tauwerk sind aus modernen Kunststoffen hergestellt. Zum Befahren von Hafeneinfahrten und Flussmündungen, aber auch für Flauten, Phasen absoluter Windstille, hat das Schiff einen Dieselmotor als Antrieb.

 

Das Segelschulschiff gehört nicht zu den Verbänden der Flotte, sondern untersteht der Marineschule Mürwik direkt. Gebaut 1958 in Hamburg, und 2016 bis 2021 komplett restauriert, gehört die „Gorch Fock“ der Deutschen Marine zu einer Klasse von ehemals sechs Schulschiffen gleichen Typs. Ihre fünf Schwestern sind deutlich älter als sie. Die „Gorch Fock“ I, gebaut 1933, liegt als Museumsschiff im Stralsunder Hafen. Drei weitere Schwestern sind immer noch im aktiven Dienst. Die „Eagle“ der United States-Küstenwache zum Beispiel ist 1936 vom Stapel gelaufen, die „Sagres“ der portugiesischen Marine 1937 und die „Mircea“ der rumänischen Marine 1938. Das sechste Schiff, gebaut 1939, wurde kriegsbedingt nicht mehr in Dienst gestellt.

 

Seit der Indienststellung im Dezember 1958 wurden etwa 15.000 Offizier- und Unteroffizieranwärter auf den Planken der „Gorch Fock“ ausgebildet. Im Verlauf der Ausbildungsreisen besuchte sie bisher rund 390 Häfen in knapp 60 Ländern auf fünf Kontinenten und legte dabei mehr als 750.000 Seemeilen zurück, was umgerechnet 35 Erdumrundungen entspricht.

 

Technikdetails zum Segelschulschiff „Gorch Fock“:

https://www.bundeswehr.de/de/ausruestung-technik-bundeswehr/seesysteme-bundeswehr/segelschulschiff-gorch-fock

 

Quelle: Presse- und Informationszentrum Marine
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Bild: Ein Portrait von Kapitän zur See Nils Brandt an Bord der „Gorch Fock“ in Wilhelmshaven kurz vor ihrer Fertigstellung und Übernahme durch die Marine.

Fotograf: Leon Rodewald