Windenergie und Winterberger Weg: Rat der Stadt Winterberg beschließt die Gründung und Beteiligung an kommunalen Energieunternehmen – Wertschöpfung aus Windkraft soll im Stadtgebiet Winterberg bleiben
Winterberg: Windenergie, ja oder nein? Um diese Frage geht es beim Thema Windkraft aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen mit dem sogenannten Wind-an-Land-Gesetz aus 2022 nicht mehr. Ein Gesetz, das den Städten das Heft des Handelns bei der Ausweisung von Windkraft-Flächen komplett aus der Hand nimmt und nicht nur von Rat, Verwaltung und Bürgermeister der Stadt Winterberg als unzumutbar hart kritisiert wurde. Als Folge des Gesetzes geht es in Zukunft nur noch um die Frage: „Wie und wer die Windkraft-Anlagen auf den im Regionalplan ausgewiesenen Flächen im Stadtgebiet Winterberg errichtet“! Vor diesem Hintergrund ist es seit gut zwei Jahren das erklärte Ziel der Stadt, die Wertschöpfung aus der Windenergie im eigenen Stadtgebiet zu behalten. In der letzten Sitzung des Rates der Stadt Winterberg hat der Rat nun wichtige Beschlüsse gefasst, um dieses Ziel zu erreichen: Mit der Stadtwerke Winterberg Energie Verwaltungs GmbH sowie der Stadtwerke Winterberg Energie GmbH & CO.KG sollen zwei städtische Energieunternehmen gegründet werden, um die Erzeugung regenerativer Energien im Stadtgebiet weiter zu entwickeln.
Rückblick: Mit einem einstimmigen Grundsatzbeschluss hat der Stadtrat die Verwaltung bereits im Dezember 2023 beauftragt, die Umsetzung der Energiewende im Bereich Windenergie und Photovoltaik mit einem eigenen kommunalen Modell anzugehen. Diesen Auftrag hat die Verwaltung in den letzten Monaten abgearbeitet, von der Auswahl möglicher Kooperationspartner bis zur rechtlichen Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge. Mit der KT Energie Ventures GmbH hat die Stadt Winterberg nach einem Auswahlprozess einen Partner gefunden, um in der regionalen Energiewende eine Vorreiterrolle einzunehmen und gleichzeitig die lokale Wirtschaft zu stärken. „Insgesamt sieben mögliche Kooperationspartner haben sich im März 2024 im Rat der Stadt Winterberg vorgestellt, um das gemeinsame Winterberger Modell auf den Weg bringen zu können. Der Rat der Stadt Winterberg hat sich einstimmig für die KT Energie Ventures GmbH entschieden. Ich freue mich, dass wir mit dem gebürtigen Silbacher Dr.-Ing. Norbert Menke, Dr. jur. Werner Süss und Tanja Kreuz fachkundige Experten mit viel Erfahrung in dem Bereich der erneuerbaren Energien an unserer Seite haben, die nun gemeinsam mit uns unseren Winterberger Weg weitergehen“, so Bürgermeister Michael Beckmann. Die KT Energie Ventures GmbH habe in den vergangenen Jahren viel Fachwissen im Bereich der Energiewirtschaft gesammelt und stehe für Kompetenz, die nun mit viel Engagement im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Winterberg genutzt werde, um die beschriebenen Ziele zu erreichen.
Windenergie kann nicht mehr verhindert werden
Bei der jüngsten Ratssitzung gab Bürgermeister Michael Beckmann gleich zu Beginn des Tagesordnungspunktes den zahlreich erschienen Bürgerinnen und Bürgern einen Überblick über die geänderte Rechtslage beim Thema Windenergie. „Es gibt Menschen unter uns, die schon seit Jahren Wegbegleiter von mir beim Thema Windkraft sind und die wissen, dass ich kein Freund von Windkraftanlagen bin und auch keiner mehr werde. Allerdings hat sich die Rechtslage leider in den vergangenen Jahren geändert. So konnten wir bis 2022 das Thema Windkraft selber steuern und haben das auch getan. Aufgrund des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes ist uns im Jahr 2022 das Heft des Handelns aus der Hand genommen worden und wir haben nur noch wenig Handlungsspielräume. Es werden Windkraftanlagen in unserem Stadtgebiet in einem im Regionalplan festgelegten Rahmen gebaut, ob wir das möchten oder nicht. Und wenn wir Windkraftanlagen schon ertragen müssen, dann sollten wir die noch wenigen Einflussmöglichkeiten nutzen und zumindest da mitgestalten, wo wir das noch können und so die lokale Wertschöpfung in unserem Stadtgebiet behalten“, so Michael Beckmann.
Rat und Stadtverwaltung haben in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Haltung gezeigt und darum gekämpft, dass möglichst wenig Windenergiebereiche im gesamten Stadtgebiet ausgewiesen werden, um so eine Verspargelung der Landschaft zu verhindern. Der Planentwurf der Regionalplanes sieht derzeit insgesamt neun Windenergiebereiche im Stadtgebiet mit einer Gesamtfläche von 597 ha vor. Dies entspricht 4,03 % der Gesamtfläche des Stadtgebietes. „Damit sind bei uns aus unserer Sicht überproportional viele Windenergiebereiche geplant. Wir haben daher Ende Juni eine Stellungnahme beim Regionalrat in das laufende Verfahren zur Änderung des Regionalplanes eingereicht und eine deutliche Reduzierung der im Entwurf ausgewiesenen Flächen gefordert. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung des Tourismus für den Standort Winterberg. Schon eine Akzeptanzstudie der IHK Arnsberg aus dem Jahr 2022 hat gezeigt, dass Windkraftanlagen spürbare Auswirkungen auf den Tourismus haben können. Dies hat in den vergangenen Wochen auch unsere eigene Studie, die wir bei Prof. Schmude, einem anerkannten Tourismusforscher, beauftragt haben, bestätigt. Mit diesen Ergebnissen werden wir in den anstehenden Erörterungsterminen mit der Bezirksregierung Arnsberg versuchen, die Windpotentialflächen weiter zu reduzieren. Wir sind der Auffassung, dass das Vorgehen der Bezirksregierung die touristische Bedeutung unserer Stadt und den ökonomischen Wirkungen nicht gerecht wird“, so Bürgermeister Michael Beckmann.
Von den derzeit 9 ausgewiesenen Windenergiebereichen sollen bereits vier Windenergiebereiche maßgeblich an private Investoren verpachtet sein. „Wir müssen jetzt noch die Chance nutzen, an den Stellen, wo Flächen noch nicht an private Investoren verpachtet wurden, mitzugestalten und so die lokale Wertschöpfung zu sichern. Im Übrigen nicht nur beim Thema Windkraft, sondern auch bei der Photovoltaik und am Ende auch bei der kommunalen Wärmeplanung“, so Beckmann.
Leitziele der Stadt Winterberg – Wertschöpfung vor Ort, Beteiligung und Eigenständigkeit
Ziel des Winterberger Weges ist es, dass die größtmögliche Wertschöpfung vor Ort bleibt, die Bürger und Unternehmen an den wirtschaftlichen Effekten der Windenergie beteiligt werden und maßgebliche Einfluss auf die Planung und Umsetzung der Windenergielagen besteht. „Der Rat der Stadt Winterberg hat mit dem Beschluss, zwei Energieunternehmen zu gründen, die jeweils zur Hälfte den Stadtwerken Winterberg AöR und der KT Energie Ventures GmbH gehören, einen wichtigen Schritt dahingehend gemacht, dass die Erträge, die aus der Windenergie erzeugt werden können, in die Infrastruktur in Winterberg investiert werden können und so die Wertschöpfung in Winterberg bleibt“, so Kämmerer Basti Östreich und Henrik Weiß, Vorstand der Stadtwerke AöR, die maßgeblich an dem Winterberger Weg mitgearbeitet haben.
Die Stadtwerke Winterberg Energie GmbH & Co. KG hat sich zum Ziel gesetzt, auch die privaten Grundstücke der Windenergiebereiche anzupachten, um so einen Flächenpool zu bilden und damit steuern zu können, wie viele Windenergieanlagen tatsächlich auf den Flächen gebaut werden. „Wir werden den Grundstückseigentümern ähnliche Konditionen wie die privaten Projektierer anbieten. Entscheidend ist aber, dass die lokale Verbundenheit mit unserem Modell wesentlich größer sein wird. Es geht jetzt darum, die Energiewende mitzugestalten und eine Akzeptanz für Windkraftanlagen zu schaffen und das geht nur, wenn alle davon profitieren. Zum Beispiel über eine Energiegenossenschaft, eine Energiestiftung oder Investitionen in Schulen, Feuerwehr, ehrenamtliches Engagement oder auch Straßen“, so Bürgermeister Michael Beckmann.
Nach dem Ratsbeschluss werden nun zeitnah die Weichen für die Gründung der Unternehmen gestellt. Anschließend werden den privaten Flächeneigentümern entsprechende Pachtangebote unterbereitet. „Wir gehen den Winterberger Weg nun konsequent weiter im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger. Dazu zählt auch, dass wir die Einwohner weiterhin umfassend und transparent über das Thema und den Fortschritt informieren werden“, so das Fazit des Winterberger Bürgermeisters.
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Quelle: Stadt Winterberg
Fotocredits: Stadt Winterberg